Diese Geschichte schrieb ich vor 5 Jahren. Noch 3 - 4 Jahre früher hatte ich ein Erlebnis auf dem Dockland Gebäude. Irgendwann habe ich eine Geschichte draus geworden. Bisher anscheinend unveröffentlicht.
Suizid?
Niemals!!!!!
geschrieben von
Alexandra Boisen
Samstag.
Heute ist ein schöner Tag. Die Sonne scheint. Es sind kaum Wolken am
Himmel zu sehen. Nach langer Zeit mache ich mir heute einen schönen
Tag und werde zum Hafen fahren, um endlich wieder eine Hafenrundfahrt
zu machen. Habe ich schon lange nicht mehr gemacht. Aber erst mal
alle Einkäufe erledigen und etwas essen. Nach dem Essen, ziehe mich
aus und stelle ich mich unter die Dusche. Dann trockne ich mich ab
und gehe ins Schlafzimmer zum Kleiderschrank, suche mir etwas
schönes heraus und ziehe mich an. Dieses Kleid oder doch lieber
etwas anderes?? Auf dem Wasser ist es ja auch immer stürmisch.
Irgendwie habe ich gerade ein undeutiges Gefühl im Bauch. Hm. Ein
Blick nach draußen, es sieht immer noch schön aus, blauer Himmel.
Na dann, passende Schuhe anziehen, Schal umbinden und Handtasche.
Alles drin? Ja, Haustürschlüssel? Und es kann losgehen. Ich
verlasse meine Wohnung und fahre mit dem Fahrstuhl runter. Der
Postbote war noch nicht da, wie ein Blick in den Briefkasten zeigt.
Ich gehe zur U-Bahn und habe Glück, die Bahn fährt gerade ein. Der
Wagen ist nicht all zu voll besetzt. Fühle mich als Transfrau wieder
von vielen angestarrt. Und das nach 5 Jahren offiziell als Frau
leben. Bekomme einen freien Vierer, erst mal, für mich alleine.
Fahre bis Berliner Tor und steige dann in die U3 um. Die ist um
einiges voller aber ich kriege noch einen Sitzplatz und fahre bis zu
den Landungsbrücken, wo ich aussteige. Auch hier wieder einige
komische Blicke. Ein schönen Blick auf den Hafen bekomme ich als ich
den Bahnhof verlasse und auf der Brücke stehe. Das Geländer ist
voller Schlüssel von Paaren, die so ihre Liebe zeigen. Irgendwann
bricht garantiert das Geländer ab, aufgrund des immer schwerer
werdenden Gewichtes. Das möchte ich nicht auf der Brücke sein.
Ich
gehe runter, dahin wo die Hafenfähren starten. Suche die Fähre nach
Finkenwerder. Die 62er. Ist aber noch keine da, also heißt es
warten. Mit vielen anderen Mitfahrgästen. Wohl viele Touristen bei
dem schönen Sonnentag. Dort hinten, ist die Fähre bereits zu sehen.
Noch einen Augenblick und sie legt an. Fahrgäste steigen ein. Ich
habe Glück und ergattere einen Sitzplatz. Und wie von mir erwartet,
wird es ziemlich voll. In meiner Nähe sehe ich ein junges Mädchen,
es wirkt ziemlich nervös und unruhig. Vom Alter her sind die
Fahrgäste bunt gemischt, Von jung bis alt ist alles vorhanden.
Endlich geht es los. Erster Halt ist der Fischmarkt in Altona. Einige
steigen aus, andere kommen dazu. Das nervöse Mädchen bleibt. Es
geht weiter zu den Docklands. Einfach schön dieses Gebäude. Sieht
aus, wie ein Schiff. Einfach klasse. Ich bin gerne da oben auf dem
Dach. Wieder steigen viele aus und ein. Das nervöse Mädchen, bleibt
wie ich sitzen. Es geht weiter nach Övelgönne. Man kann am Strand
viele Menschen liegen sehen, einige stehen im Wasser. Das nervöse
Mädchen kaut auf ihren Nägeln, schaut bedrückt. Ist sie etwa ein
„Clubmitglied“? Schwer zu sagen. Die Fahrt geht weiter, Richtung
Finkenwerder. Dort angekommen steigen ganz viele aus, nur wenige
bleiben aber es kommen auch wieder viele neue Fahrgäste. Die
Rückfahrt zu den Landungsbrücken geht los. Wir beide bleiben als
eine der wenigen. Was will sie? Hat sie was vor? Frage ich mich. Ich
wollte eigentlich Dockland aussteigen und auf das Gebäude steigen
und die einzigartige Aussicht geniessen. Das Mädchen macht mich aber
irgendwie neugierig. Ich will wissen was sie vorhat. Wo sie
aussteigt. Sie bleibt auch Dockland immer noch sitzen und macht damit
meinen Plan erst mal kaputt. Vorerst. Zu blöde aber auch. Bin
gespannt was sie macht wenn wir wieder an den Landungsbrücken sind.
Da müssen alle aussteigen. Mal gucken was sie macht. Der Ausstieg
ist ein Stück weiter weg vom Einsteigpunkt. Und da scheint sie
wieder hin zu gehen. Ich folge ihr. Sie geht ganz nah am Rand zum
Wasser. Zu nah für meinen Geschmack. Jetzt stehen wir wieder da, wo
wir vor 1,5 Stunden schon mal gestanden haben. Und warten auf die
nächste Fähre, die zum Glück gleich kommt. Alles wieder von vorne
also. Die Fahrt geht los. Ich lasse das Mädchen nicht aus den Augen.
Wieder zu erst nach Altona und dann halten wir auch schon wieder an
der Haltestelle „Dockland“. Und weiter geht es Richtung
Finkenwerder. Und zurück. Dieses mal steigt sie „Dockland“ aus.
Gott sei dank.
Ich
folge ihr langsam. Sie geht tatsächlich zum Gebäude. Ich bleibe
erstmal unten stehen und sehe zu, wie sie langsam hochgeht. Es sind
viele Treppenstufen bis ganz oben. Als sie oben ist, folge ich ihr.
Und gehe ganz langsam Stufe für Stufe. Hab wie heute morgen ein
komisches Gefühl im Bauch. Als wenn mich gleich jemand rufen wird.
Ich bleibe erst einmal stehen. Ich komme aber oben unbehelligt an.
Das komische Gefühl aber bleibt. Es sind nur wenige Menschen oben.
Darunter das nervöse Mädchen. Sie läuft hin und her ohne Pause zu
machen. Was will es bloss. Wenn sie am Rand ankommt, dann beugt sie
sich weit rüber. Moment!! Will sie etwa? Will sie das, was ich jetzt
denke?? Also doch Clubmitglied? Oh Scheisse. Aber sie läuft weiter
hin und her. Auf was wartet sie?? Es sind außer uns noch andere da
und gucken sich den Hafen an. Von hier oben hat man wirklich eine
tolle Aussicht. Gerade gehen ein paar Menschen die Treppen wieder
runter. . Ich glaube jetzt sind wir beide alleine hier oben. Was
passiert nun? Ich versuche so zu tun also ob ich die Aussicht
geniesse und gleichzeitig sie aber nicht aus den Augen zu lassen.
Wenn sie jetzt darauf wartet, das ich auch gehe, hat sie sich
geschnitten. Ich bleibe. Ich kann sie gerade nicht sehen und schaue
vorsichtig nach ihr, ohne das sie mich sieht. Ich sehe sie, wie sie
sich wieder nach vorne beugt und wieder zurück. Ich gehe schnell
wieder zurück an meinen alten Platz. Da kommt sie wieder um die
Ecke. Wieder das gleiche Spiel. Vorbeugen und zurück. Als wenn sie
sich nicht traut. Hoffe ich jedenfalls. Da kommen wieder ein paar
Leute hoch. Gehen aber gleich wieder. Wieder sind wir beide alleine.
Wieder tigert sie nervös hin und her, schaut ob Leute hochkommen
oder nicht. Wenn ich vom Gebäude runter auf den Landesteg gucke,
sehe ich die Fähren ankommen und abfahren, Menschen aus und
einsteigen. Wie lange sind wir schon hier oben? Keine Ahnung. Es ist
heiß, ich schwitze. In meiner Tasche habe ich eine Flasche Wasser,
die ich raushole und einen großen Schluck nehme. Und noch einen.
Dann tue ich sie wieder zurück an ihren Platz. Schaue mir den
Ausblick an. Meine Augen wandern in alle Richtungen. Einfach
herrlich. Ich komme immer wieder gerne her. Nur heute ist es anders
als sonst. Wenn dieses Mädchen nur nicht wäre. Hat sie wirklich
vor....? Ich weiß nicht, ich weiß nicht. Bin mir nicht sicher.
Bilde ich mir was ein? Was könnte sie sonst noch vorhaben? Warum das
herumgetigere? Vor allem, wenn ich Recht habe, was mache ich im Falle
eines Falles? Gute Frage, nächste Frage. Erst mal weiter abwarten
und aufpassen. Alles wie gehabt, erst einmal. Soll ich auf sie zu
gehen? Oder weiter warten? Mist. Wenn ich nur wüsste. Ich
entschließe mich zu warten. Warten, was passiert. Warten, was sie
macht. Wird das jetzt ein Show Down? Wie im Film „High Noon“ mit
Gary Cooper und Grace Kelly. Wer zu erst? Sie oder Ich? Ich oder sie?
Ich weiß nicht, wie lange ich das hier oben noch aushalte? Scheisse,
denke ich. So hatte ich den Tag nicht geplant. Ok, mir reicht es
langsam. Ich beobachte sie jetzt ganz offen und direkt. Scheint sie
nur noch nervöser zu machen. Sie geht wieder auf eine Umrandung zu.
Beugt sich weit nach vorne. Diesmal gehe ich ein paar Schritte auf
sie zu. Sicherheitshalber. Als sie sich wieder hinstellt, gehe ich
wieder zurück an meinem Platz. Auch dieses Spiel machen wir jetzt
ein paar mal. Oh mist, da kommen wieder ein paar Leute. Wir beide
bleiben an unserem Platz, ruhig, bis sie wieder verschwinden. Das
Mädchen geht zur Treppe und guckt ob niemand kommt und kommt dann
wieder. Und als sie sich wieder nach vorne beugt, geh ich zu ihr hin,
mit schnellen Schritten und ziehe sie wieder zurück. Sie schreit
mich an: „Was soll das“? „Ich will nur nicht, das dir was
passiert, entgegne ich ihr. „Was geht dich das an?“ schreit sie.
Schon gut, reg dich ab, sage ich. Drehe mich um und gehe ein kleines
Stück weg von ihr. Aus den Augenwinkeln beobachte ich sie aber
weiter. Sehe, das sie über die Brüstung klettern will, stoppe, dreh
mich wieder um und sprinte zu ihr und ziehe sie zurück. „Jetzt
reicht es.“, schreie ich ihr zu. Ich will sie festhalten aber sie
wehrt sich, kratzt meine Arme. „Hau ab, du blöde Transe,“ ruft
sie. Ich drücke etwas fester, lasse sie nicht los. „Hör auf,
beruhige Dich endlich, sag ich ihr auch ganz ruhig. Aber sie tobt
weiter. Ich muß mich anstrengen um sie fest zu halten. „Hör
endlich auf“, schreie ich wieder. „Das bringt doch nichts“. Ich
werde dich davon abhalten, sage ich ihr. „Nein! Nein! Nein! Du
blöde Transe“ schreit sie mir entgegen. „Autsch!“ Genau in
mein rechtes Ohr. „Doch!“, schreie auch ich. „Nein!“ und sie
tobt weiter. Ich versuche sie weiter fest zu halten, mit aller Kraft.
Ich schwitze immer stärker, nicht nur wegen der Sonne, die scheint.
Es strengt mich an. Ich frage sie jetzt direkt, „warum willst du
dich runterstürzen?“ „Dein Leben wegschmeissen?“ „Das geht
dich nichts an“, schreit sie mich wieder an. „Vielleicht aber ich
werde dich trotzdem davon abhalten, mit aller Macht“. „Warum?“
„Weil ich auch seelisch krank bin“, sage ich ihr jetzt. „Wir
sind beide vom gleichen Club.“ „Wie?????“ Sie hält inne, hört
auf zu toben. „Ja, ich bin genauso wie Du seelisch krank“. „Und
dazu doppelt betroffen und gefährdet“. „Wieeeee? Das versteh ich
nicht“. Ich behalte sie weiter im Griff, auch wenn sie sich zu
beruhigen scheint. Auch wenn ich ihn etwas lockere. Das will sie aber
gleich ausnutzen, befreit sich von mir und läuft wieder zur
Brüstung. Ich hinter her, stoppe sie. Stelle mich hinter sie und
halte sie mit beiden Armen ganz doll fest. Es kostet mich immer mehr
Kraft sie fest zu halten. Ich stehe jetzt vor der Brüstung, halte
sie fest und will mit ihr nach vorne gehen, Schritt für Schritt weg
von der Brüstung. Das will sie aber nicht und wehrt sich wieder
,fängt an zu toben. Schreit und brüllt rum. Wie lange halte ich das
noch aus? Seelisch? Ich werfe sie auf den Boden und versuche so, sie
festzuhalten und zu beruhigen. Keine Chance, sie entgleitet mir immer
wieder. Mir läuft der Schweiß über mein Gesicht. Ich brauche
dringend eine Pause. Die wird sie mir aber nicht geben. Ich sage ihr
das sich hier niemand umbringen wird. Nicht, wenn ich das verhindern
kann. Sie fängt an, um sich zu schlagen und ich muss alles geben,
damit ich keine Treffer abbekomme. Aber sie landet welche in meinem
Gesicht. Das tut weh. „Autsch“, schreie ich auf. Und noch einer.
Sie kann sich wieder befreien und aufstehen und will wieder
loslaufen. Aber nicht ohne mich und halte sie wieder fest. Ich
erwische ihre Beine. Sie stürzt zu Boden und ich schmeisse mich auf
sie. So, sage ich, „hör jetzt endlich auf mit dem Scheiss und
beruhige dich“. „Nein, hau ab, lass mich in Ruhe“ erwidert sie
und „das geht dich einen Scheissdreck an“. Sie will mich wieder
schlagen. Dieses mal kann ich es aber verhindern. Ich sehe Leute
hochkommen und schreie so laut ich kann, das sie Hilfe holen sollen,
Polizei am besten. Einer greift zum Handy. Und gibt mir ein Zeichen.
Puh, denke ich, dann ist es hoffentlich bald soweit. Ich bin fertig.
Sitze jetzt auf ihr drauf. Und halte ihre Arme fest. Sie wehrt sich,
zappelt rum. Ich höre einen Hubschrauber über uns. Die wollen wohl
gucken, was hier passiert. Ich bin abgelenkt. Sie nutzt das aus,
schmeisst mich runter und rappelt sich auf. Beide stehen wir so
schnell wie möglich auf. Laufen zur Brüstung, wo sie wieder rüber
will. Ich kann sie knapp dran hindern. Ganz knapp. Sie zieht und
zerrt an mir. Aber ich mobilisiere alle meine Kräfte um sie am
springen zu hindern. Ich muss aufpassen, das sie mich nicht mit
runterzieht. Dann wäre es für uns beide vorbei. „Niemals“
schreie ich jetzt. Und zerre sie mit aller Kraft zurück. Irgendwie
und in der Ferne höre ich Sirenen. Ist jetzt alles vorbei? Ich kann
nicht mehr. Ich darf mich nicht ablenken lassen. Es fällt mir immer
schwerer sie festzuhalten. Aber ich darf nicht nachlassen. Sonst war
alles umsonst. Was machen die so lange? Wo bleiben die?? „Hilfe“
schreie ich jetzt ganz laut. Ich kann sie kaum noch halten, so zerrt
sie. Anscheinend will sie unbedingt springen. Und ich will es
unbedingt verhindern. Und ziehe sie wieder ein Stück zurück. Aber
sie wehrt sich immer mehr. Ich will einfach nicht aufgeben. Ich
schaffe es jetzt sie ganz weg zu bekommen. Stelle ich mich vor die
Brüstung und schubse sie immer wieder nach hinten. Mit aller Kraft.
Ich lasse sie nicht an mir vorbei. Ich habe aber nicht mehr viel
Kraft. Mir wird schwummrig im Gesicht. Aber ich muss einfach
weitermachen. Ich muss, ich muss. Jetzt sehe ich da hinten
tatsächlich Polizei. Gott sei Dank, endlich!!!! Ich schubse das
Mädchen noch mal weg von mir und lasse mich fallen und bleibe
liegen. Aus den Augenwinkeln sehe ich noch, wie Polizisten auf das
Mädchen zu laufen, sie festhalten. Mir schwinden die Lichter und ich
werde bewusstlos.
Ich
wache langsam auf. Ich weiß nicht wo ich mich befinde. Lebe ich
noch?
Ich
versuche auf mich aufmerksam zu machen, kriege aber keinen Laut
heraus. Mir fallen die Augen wieder zu. Irgendwann später wache ich
auf. Krächze „Hallo“ aber niemand kommt. Niemand zu sehen. Wo
bin ich bloss? Ich versuche mich umzugucken. Sieht für mich nach
einem Krankenzimmer aus. An meinem Arm hängen Kanüle. Gab es nicht
irgendwo Knöpfe zum Drücken?? Komm ich da ran? Will irgendwie nich
klappen. Aber ich höre was. Schritte vor meiner Tür. Aber nichts
passiert, sie verhallen wieder. Stille. Minuten, Stunden, ich weiß
nicht wie viele, vergehen, bis die Tür endlich aufgeht. Eine
Schwester kommt rein, guckt ob ich schon wach bin. Sie kommt an mein
Bett, beugt sich zu mir, ich nicke ihr zu. Sie fragt mich, wie es mir
geht und Ich frage sie erst mal wo ich bin und wie ich her gekommen
bin. Im Krankenhaus St. Georg. Sie wurden bewußtlos, als die
Polizisten einschritten, bekomme ich zu hören. Die würden gerne von
ihnen hören, was da oben passiert ist. „Bitte nicht“, flüstere
ich heraus. Nicht jetzt. Im Moment weiß ich gar nichts, nicht mal
welchen Tag wir haben, welche Uhrzeit, mittags, abends usw. Sagen sie
ihnen, sie sollen später kommen, wenn das geht. Ich kann jetzt nicht
reden. Nur schlafen. Die Schwester geht wieder raus. Und macht
vorher das Licht aus und die Vorhänge zu. Danke sage ich und
schließe die Augen.
Minuten
oder Stunden später wache ich wieder auf. Ich schaue mich wieder um.
Hm, immer noch im Krankenzimmer, denke ich. Immer noch irgendwelche
Schläuche an meinen Händen und Armen. Ausser mir ist ist niemand im
Zimmer. Ich bin ganz allein. Ich höre auch keine Stimmen. Ich
versuche wieder die Klingel zu drücken. Dieses mal schaffe ich es.
Kurze Zeit darauf höre ich Schritte, jemand öffnet die Tür und
kommt herein. Hallo, begrüßt mich die Schwester. Es ist die
Nachtschwester. Ich habe anscheinend lange geschlafen. Sie fragt
mich, wie ich mich fühle. Wie gerädert, antworte ich ihr. Ich bitte
sie um ein Glas Wasser. Sie stellt mir eine Flasche sowie ein Glas
dazu hin. Sie erzählt, das morgen vormittag, Polizisten mich
sprechen wollen. Danach dann die Ärzte, darüber wie es mit mir
weitergeht. Dann verläßt sie wieder das Zimmer. Ich mache wieder
die Augen zu. Aber dieses mal dauert es, bis ich wieder einschlafe.
Als
ich wieder wach werde, bricht der Morgen an. Die Frühschicht kommt
herein, reißt die Vorhänge auf. Autsch, schreie ich. „Licht aus“.
Sie fummeln an meinen Kabeln rum, legen mir irgendwelche Tabletten
hin. Ich hüte mich aber sie zu nehmen. Bin doch nicht verrückt!
Ähm?? Doch, ich bin verrückt. Lasse sie trotzdem liegen. Ich höre
es klappern. Frühstück ist in Sicht- und Hörweite. Ein Brötchen
und ein Becher Milch dazu. Ich esse im Bett. Dann bin ich wieder
alleine. Warten. Ich hasse das! Endlich! 2 Polizisten in Zivil kommen
herein. Sie wollen von mir wissen, was passiert ist, warum ich so
reagiert habe, wie ich reagiert habe usw. Der eine hört zu, der
andere schreibt mit. Ich erzähle es ihnen so gut es geht. Sie
verabschieden sich gleich wieder. Jetzt heißt es wieder warten, auf
die Ärzte. Ich decke mich wieder zu. Die Tür geht auf und ein
ganzes Heer von Ärzten und Schwestern kommt herein. Ich kann mal
wieder meine vorlaute Klappe nicht halten und rufe so laut ich kann
„wegen Überfüllung geschlossen.“ Alles lacht. Sie wollen wissen
wie es mir geht. Sie möchten mich gerne in eine andere Klinik
überweisen. In eine Geschlossene Abteilung. Ich soll bis heute
nachmittag drüber nachdenken. Ich sage „ok das mache ich“. Dann
verschwinden sie wieder. Puh, was mache ich bloß?? Ich mache wieder
die Augen zu und versuche wieder zu schlafen. Gedanken wirbeln in
meinem Kopf herum. Immer schneller und schneller. Ich schlafe wieder
ein und werde durch Lärm geweckt. Mittag Essen. Ich will und kann
aber nichts essen. Bin ganz durcheinander. Ich versuche weiter zu
schlafen. Die Nachmittagsvisite weckt mich wieder. Die Ärzte, die
mit mir reden wollen, sind da. Es geht wieder darum, wie es mit mir
weitergeht. Und?, frage ich. Tja, Frau Boisen. Körperlich ist alles
in Ordnung bei Ihnen. Aber wie sieht es in Ihnen aus? Nicht so gut,
sage ich. Überhaupt nicht gut. Das dachte ich mir, erwidert der
Oberarzt. Wenn Sie zustimmen, würden wir Sie gerne in eine
entsprechende Klinik überweisen. Keine Tagesklinik sondern Station.
Es könnte morgen losgehen, wenn Sie möchte. Ok, sage ich ohne lange
zu überlegen. Gut, dann machen wir alles fertig. Sie bekommen
Bescheid, wann es los geht. Nachdem sie das Zimmer verlassen haben,
decke ich mich wieder fest zu. Fühle mich immer noch kaputt und
müde. Will nur noch schlafen, schlafen und schlafen.
Am
nächsten Vormittag kommen die Pfleger um mich ab zu holen. Ich werde
in eine Psychatrische Klinik gebracht. Hier soll ich die nächsten 8
Wochen bleiben. Was erwartet mich?
So
hatte ich mir meinen Tag in Hamburg eigentlich nicht vorgestellt.