Sonntag, 27. Juli 2025

Die Rückkehr

Eine Geschichte, an der ich mich gerade erinnert habe. Anscheinend bisher unveröffentlicht.


Gegenwart


Seit vielen Jahren bin ich wieder zu Hause. Das Wetter ist typisch Hamburg. Dicke Wolken, regnerisch. Ich fahre vom Bahnhof mit der U Bahn in die HafenCity und spaziere zu den Marco Polo Terrassen. Inzwischen ist alles voller Häuser. Die Elbe sehe ich kaum. Aber mein früheres Stamm Café. Es ist noch da. Ich betrete es, bestelle wie früher einen großen Becher weiße Schokolade. Der Regen wird stärker. Erinnerungen kommen hoch. An eine Zeit in der es mir schlecht ging. So schlimm, das beinahe passiert wäre, was ich nie wollte. Eine Zeit in der ich diskriminiert und gemobbt wurde von Kolleginnen, mit denen ich Tag für Tag verbringen musste. Wegen denen ich meine Stundenzahl schließlich reduzieren musste, weil ich es gesundheitlich nicht mehr schaffte 8 Stunden zu arbeiten. Und weil ich keine Mehrarbeit mehr leisten konnte, war ich für sie unkollegial. Kolleginnen, die einfach nicht damit klar kamen, das ich plötzlich kein Kollege mehr war sondern eine Kollegin. Kolleginnen, die neue Anweisungen an mich nicht weitergaben.

Ich denke an meine damalige Betreuerin und Therapeutin. Wie geht es ihnen heute? Machen sie noch immer die gleiche Arbeit. Ihnen habe ich es zu verdanken, das ich nicht ganz abgestürzt bin. Immer wieder aufstehen konnte. Die mich gefördert und unterstützt haben.


Rückblick

Meine blöden Kolleginnen wieder. Können nicht aufhören. Können einfach nicht akzeptieren, das ich eine Frau und kein Mann bin. Wieder haben sie eine Anweisung an mich nicht weitergegeben. Mich praktisch auflaufen haben lassen. Anstatt nach Hause zu fahren, mache ich mich auf dem Weg zum Hafen. Mit der U-Bahn Richtung Landungsbrücken. Dort nehme ich die Fähre nach Finkenwerder. Der Himmel ist stark bewölkt. Es ist windig. Trotzdem geh ich nach oben und lass mich kräftig durch wehen. Noch regnet es nicht. An der Station Dockland  steige ich aus und gehe zu dem Gebäude, das die Form eines Schiffes hat.  Nun stehe ich vor der Treppe und sehe die vielen Stufen. Soll ich da wirklich rauf? Hat mich das Haus angezogen? Ich war lange nicht hier. Ich gehe langsam hoch. Stufe für Stufe bis ganz nach oben. Oben angekommen, setze ich mich erst mal hin. Wieso bin ich hier? Ich habe mich wieder über meine Kolleginnen geärgert. Ist mein Fass jetzt über voll? Ich hab die Schnauze gestrichen voll. Ich will nicht mehr. Will da nur noch weg. Meine Gedanken rasen nur so in meinem Kopf. Alles negative kommt wieder hoch. Ich versuche meine Betreuerin anzurufen aber sie hat keine Zeit um ran zu gehen.. Auch bei meiner Therapeutin versuche ich es. Auch Fehlanzeige. Mist Mist Mist. Die Tränen fangen an zu kullern. Es werden immer mehr. Ich halte meine Hände vors Gesicht. Ich kann nicht mehr. Schreie laut, wo seid ihr?  Ich höre den „goldenen Reiter“. Wenn er fällt dann schreit er oder „Spring doch schon“, von Westernhagen. Im Grunde das völlig falsche momentan. Ich kann nicht anders. Schaffe es nicht meinen Notfallkoffer zu öffnen. Er ist zu weit weg von mir. Bilder laufen in meinem Kopf. Bilder aus der Vergangenheit. Der ganze Marathon-Lauf mit allem was ich durch gemacht habe. Was mir andere Menschen angetan haben. Was ich vor Ärzten, Gutachter und Behörden durch machen musste. Die Menschen, die in der Reha nicht mir duschen wollten oder neben mir auf der Toilette sitzen. Der Kampf um meinen Körper, mein Leben. Welche Menschen ich verloren habe. Irgendwann war ich alleine und einsam. Niemand wollte mehr was mit mir zu tun haben. Ich kam mir wie ein Monster vor. Ein Aussätziger. Jemand, mit der niemand was zu tun haben will. Schluss Aus. Es könnte schnell vorbei sein. Hier und jetzt. „Spring doch schon, tönt es in meinem Ohr. „Spring doch schon, wer braucht dich noch“. Ja, wer? Mir fällt keiner ein. Also springen? Dann hätte ich meine Ruhe. Alles wäre vorbei. Endgültig.  

Ich weiß nicht, was ich tun soll und heule wieder. „Spring doch schon, du weißt es doch. Spring doch schon“. Hilfe. Ich will das nicht. Hilfe. Das soll aufhören. Hilfe. Es fängt an zu regnen. Ich bleibe sitzen. Ich werde nass und bleibe sitzen. Der Himmel und ich, beide weinen wir. Dann ist beides vorbei. Ich bin klatsch nass. Mir egal. Plötzlich kommt eine Frau auf mich zu.  Sie sind ja klatsch nass. Sie holen sich den Tod.  Ich darauf  „guter Witz“ und fange an zu lachen.  Mein Handy klingelt. Meine Betreuerin. Endlich. Ich gehe ran. „Hallo. Wann hast du Zeit für mich? Ich habe Redebedarf - ein Notfall.  Mir ging es nicht so gut. Ich bin im Hafen“. Ich soll gleich kommen. „Vielen dank. Bis gleich“. Am Horizont sehe ich die Fähre schon kommen. Alles wird gut, denke ich.


Gegenwart

Langsam komme ich wieder zu mir. Die Schokolade ist kalt geworden. Ich hole mir eine neue. Ich starre aus dem Fenster. Es regnet immer noch. Wäre ich wirklich gesprungen frage ich mich in meinen Gedanken. Ich trinke einen Schluck. Heiß. Tränen kullern aus den Augen.


Der Himmel klärt auf. Ich nutze das aus und gehe wieder zur U Bahn...


ENDE


Was wäre wenn...... Es hätte auch anders ablaufen können aber das ist eine andere Geschichte.

Freitag, 25. Juli 2025

Drama auf Dockland

Diese Geschichte schrieb ich vor 5 Jahren. Noch  3 - 4 Jahre früher hatte ich ein Erlebnis auf dem Dockland Gebäude. Irgendwann habe ich eine Geschichte draus geworden. Bisher anscheinend unveröffentlicht.


Suizid? Niemals!!!!!

geschrieben von Alexandra Boisen


Samstag. Heute ist ein schöner Tag. Die Sonne scheint. Es sind kaum Wolken am Himmel zu sehen. Nach langer Zeit mache ich mir heute einen schönen Tag und werde zum Hafen fahren, um endlich wieder eine Hafenrundfahrt zu machen. Habe ich schon lange nicht mehr gemacht. Aber erst mal alle Einkäufe erledigen und etwas essen. Nach dem Essen, ziehe mich aus und stelle ich mich unter die Dusche. Dann trockne ich mich ab und gehe ins Schlafzimmer zum Kleiderschrank, suche mir etwas schönes heraus und ziehe mich an. Dieses Kleid oder doch lieber etwas anderes?? Auf dem Wasser ist es ja auch immer stürmisch. Irgendwie habe ich gerade ein undeutiges Gefühl im Bauch. Hm. Ein Blick nach draußen, es sieht immer noch schön aus, blauer Himmel. Na dann, passende Schuhe anziehen, Schal umbinden und Handtasche. Alles drin? Ja, Haustürschlüssel? Und es kann losgehen. Ich verlasse meine Wohnung und fahre mit dem Fahrstuhl runter. Der Postbote war noch nicht da, wie ein Blick in den Briefkasten zeigt. Ich gehe zur U-Bahn und habe Glück, die Bahn fährt gerade ein. Der Wagen ist nicht all zu voll besetzt. Fühle mich als Transfrau wieder von vielen angestarrt. Und das nach 5 Jahren offiziell als Frau leben. Bekomme einen freien Vierer, erst mal, für mich alleine. Fahre bis Berliner Tor und steige dann in die U3 um. Die ist um einiges voller aber ich kriege noch einen Sitzplatz und fahre bis zu den Landungsbrücken, wo ich aussteige. Auch hier wieder einige komische Blicke. Ein schönen Blick auf den Hafen bekomme ich als ich den Bahnhof verlasse und auf der Brücke stehe. Das Geländer ist voller Schlüssel von Paaren, die so ihre Liebe zeigen. Irgendwann bricht garantiert das Geländer ab, aufgrund des immer schwerer werdenden Gewichtes. Das möchte ich nicht auf der Brücke sein.


Ich gehe runter, dahin wo die Hafenfähren starten. Suche die Fähre nach Finkenwerder. Die 62er. Ist aber noch keine da, also heißt es warten. Mit vielen anderen Mitfahrgästen. Wohl viele Touristen bei dem schönen Sonnentag. Dort hinten, ist die Fähre bereits zu sehen. Noch einen Augenblick und sie legt an. Fahrgäste steigen ein. Ich habe Glück und ergattere einen Sitzplatz. Und wie von mir erwartet, wird es ziemlich voll. In meiner Nähe sehe ich ein junges Mädchen, es wirkt ziemlich nervös und unruhig. Vom Alter her sind die Fahrgäste bunt gemischt, Von jung bis alt ist alles vorhanden. Endlich geht es los. Erster Halt ist der Fischmarkt in Altona. Einige steigen aus, andere kommen dazu. Das nervöse Mädchen bleibt. Es geht weiter zu den Docklands. Einfach schön dieses Gebäude. Sieht aus, wie ein Schiff. Einfach klasse. Ich bin gerne da oben auf dem Dach. Wieder steigen viele aus und ein. Das nervöse Mädchen, bleibt wie ich sitzen. Es geht weiter nach Övelgönne. Man kann am Strand viele Menschen liegen sehen, einige stehen im Wasser. Das nervöse Mädchen kaut auf ihren Nägeln, schaut bedrückt. Ist sie etwa ein „Clubmitglied“? Schwer zu sagen. Die Fahrt geht weiter, Richtung Finkenwerder. Dort angekommen steigen ganz viele aus, nur wenige bleiben aber es kommen auch wieder viele neue Fahrgäste. Die Rückfahrt zu den Landungsbrücken geht los. Wir beide bleiben als eine der wenigen. Was will sie? Hat sie was vor? Frage ich mich. Ich wollte eigentlich Dockland aussteigen und auf das Gebäude steigen und die einzigartige Aussicht geniessen. Das Mädchen macht mich aber irgendwie neugierig. Ich will wissen was sie vorhat. Wo sie aussteigt. Sie bleibt auch Dockland immer noch sitzen und macht damit meinen Plan erst mal kaputt. Vorerst. Zu blöde aber auch. Bin gespannt was sie macht wenn wir wieder an den Landungsbrücken sind. Da müssen alle aussteigen. Mal gucken was sie macht. Der Ausstieg ist ein Stück weiter weg vom Einsteigpunkt. Und da scheint sie wieder hin zu gehen. Ich folge ihr. Sie geht ganz nah am Rand zum Wasser. Zu nah für meinen Geschmack. Jetzt stehen wir wieder da, wo wir vor 1,5 Stunden schon mal gestanden haben. Und warten auf die nächste Fähre, die zum Glück gleich kommt. Alles wieder von vorne also. Die Fahrt geht los. Ich lasse das Mädchen nicht aus den Augen. Wieder zu erst nach Altona und dann halten wir auch schon wieder an der Haltestelle „Dockland“. Und weiter geht es Richtung Finkenwerder. Und zurück. Dieses mal steigt sie „Dockland“ aus. Gott sei dank.



Ich folge ihr langsam. Sie geht tatsächlich zum Gebäude. Ich bleibe erstmal unten stehen und sehe zu, wie sie langsam hochgeht. Es sind viele Treppenstufen bis ganz oben. Als sie oben ist, folge ich ihr. Und gehe ganz langsam Stufe für Stufe. Hab wie heute morgen ein komisches Gefühl im Bauch. Als wenn mich gleich jemand rufen wird. Ich bleibe erst einmal stehen. Ich komme aber oben unbehelligt an. Das komische Gefühl aber bleibt. Es sind nur wenige Menschen oben. Darunter das nervöse Mädchen. Sie läuft hin und her ohne Pause zu machen. Was will es bloss. Wenn sie am Rand ankommt, dann beugt sie sich weit rüber. Moment!! Will sie etwa? Will sie das, was ich jetzt denke?? Also doch Clubmitglied? Oh Scheisse. Aber sie läuft weiter hin und her. Auf was wartet sie?? Es sind außer uns noch andere da und gucken sich den Hafen an. Von hier oben hat man wirklich eine tolle Aussicht. Gerade gehen ein paar Menschen die Treppen wieder runter. . Ich glaube jetzt sind wir beide alleine hier oben. Was passiert nun? Ich versuche so zu tun also ob ich die Aussicht geniesse und gleichzeitig sie aber nicht aus den Augen zu lassen. Wenn sie jetzt darauf wartet, das ich auch gehe, hat sie sich geschnitten. Ich bleibe. Ich kann sie gerade nicht sehen und schaue vorsichtig nach ihr, ohne das sie mich sieht. Ich sehe sie, wie sie sich wieder nach vorne beugt und wieder zurück. Ich gehe schnell wieder zurück an meinen alten Platz. Da kommt sie wieder um die Ecke. Wieder das gleiche Spiel. Vorbeugen und zurück. Als wenn sie sich nicht traut. Hoffe ich jedenfalls. Da kommen wieder ein paar Leute hoch. Gehen aber gleich wieder. Wieder sind wir beide alleine. Wieder tigert sie nervös hin und her, schaut ob Leute hochkommen oder nicht. Wenn ich vom Gebäude runter auf den Landesteg gucke, sehe ich die Fähren ankommen und abfahren, Menschen aus und einsteigen. Wie lange sind wir schon hier oben? Keine Ahnung. Es ist heiß, ich schwitze. In meiner Tasche habe ich eine Flasche Wasser, die ich raushole und einen großen Schluck nehme. Und noch einen. Dann tue ich sie wieder zurück an ihren Platz. Schaue mir den Ausblick an. Meine Augen wandern in alle Richtungen. Einfach herrlich. Ich komme immer wieder gerne her. Nur heute ist es anders als sonst. Wenn dieses Mädchen nur nicht wäre. Hat sie wirklich vor....? Ich weiß nicht, ich weiß nicht. Bin mir nicht sicher. Bilde ich mir was ein? Was könnte sie sonst noch vorhaben? Warum das herumgetigere? Vor allem, wenn ich Recht habe, was mache ich im Falle eines Falles? Gute Frage, nächste Frage. Erst mal weiter abwarten und aufpassen. Alles wie gehabt, erst einmal. Soll ich auf sie zu gehen? Oder weiter warten? Mist. Wenn ich nur wüsste. Ich entschließe mich zu warten. Warten, was passiert. Warten, was sie macht. Wird das jetzt ein Show Down? Wie im Film „High Noon“ mit Gary Cooper und Grace Kelly. Wer zu erst? Sie oder Ich? Ich oder sie? Ich weiß nicht, wie lange ich das hier oben noch aushalte? Scheisse, denke ich. So hatte ich den Tag nicht geplant. Ok, mir reicht es langsam. Ich beobachte sie jetzt ganz offen und direkt. Scheint sie nur noch nervöser zu machen. Sie geht wieder auf eine Umrandung zu. Beugt sich weit nach vorne. Diesmal gehe ich ein paar Schritte auf sie zu. Sicherheitshalber. Als sie sich wieder hinstellt, gehe ich wieder zurück an meinem Platz. Auch dieses Spiel machen wir jetzt ein paar mal. Oh mist, da kommen wieder ein paar Leute. Wir beide bleiben an unserem Platz, ruhig, bis sie wieder verschwinden. Das Mädchen geht zur Treppe und guckt ob niemand kommt und kommt dann wieder. Und als sie sich wieder nach vorne beugt, geh ich zu ihr hin, mit schnellen Schritten und ziehe sie wieder zurück. Sie schreit mich an: „Was soll das“? „Ich will nur nicht, das dir was passiert, entgegne ich ihr. „Was geht dich das an?“ schreit sie. Schon gut, reg dich ab, sage ich. Drehe mich um und gehe ein kleines Stück weg von ihr. Aus den Augenwinkeln beobachte ich sie aber weiter. Sehe, das sie über die Brüstung klettern will, stoppe, dreh mich wieder um und sprinte zu ihr und ziehe sie zurück. „Jetzt reicht es.“, schreie ich ihr zu. Ich will sie festhalten aber sie wehrt sich, kratzt meine Arme. „Hau ab, du blöde Transe,“ ruft sie. Ich drücke etwas fester, lasse sie nicht los. „Hör auf, beruhige Dich endlich, sag ich ihr auch ganz ruhig. Aber sie tobt weiter. Ich muß mich anstrengen um sie fest zu halten. „Hör endlich auf“, schreie ich wieder. „Das bringt doch nichts“. Ich werde dich davon abhalten, sage ich ihr. „Nein! Nein! Nein! Du blöde Transe“ schreit sie mir entgegen. „Autsch!“ Genau in mein rechtes Ohr. „Doch!“, schreie auch ich. „Nein!“ und sie tobt weiter. Ich versuche sie weiter fest zu halten, mit aller Kraft. Ich schwitze immer stärker, nicht nur wegen der Sonne, die scheint. Es strengt mich an. Ich frage sie jetzt direkt, „warum willst du dich runterstürzen?“ „Dein Leben wegschmeissen?“ „Das geht dich nichts an“, schreit sie mich wieder an. „Vielleicht aber ich werde dich trotzdem davon abhalten, mit aller Macht“. „Warum?“ „Weil ich auch seelisch krank bin“, sage ich ihr jetzt. „Wir sind beide vom gleichen Club.“ „Wie?????“ Sie hält inne, hört auf zu toben. „Ja, ich bin genauso wie Du seelisch krank“. „Und dazu doppelt betroffen und gefährdet“. „Wieeeee? Das versteh ich nicht“. Ich behalte sie weiter im Griff, auch wenn sie sich zu beruhigen scheint. Auch wenn ich ihn etwas lockere. Das will sie aber gleich ausnutzen, befreit sich von mir und läuft wieder zur Brüstung. Ich hinter her, stoppe sie. Stelle mich hinter sie und halte sie mit beiden Armen ganz doll fest. Es kostet mich immer mehr Kraft sie fest zu halten. Ich stehe jetzt vor der Brüstung, halte sie fest und will mit ihr nach vorne gehen, Schritt für Schritt weg von der Brüstung. Das will sie aber nicht und wehrt sich wieder ,fängt an zu toben. Schreit und brüllt rum. Wie lange halte ich das noch aus? Seelisch? Ich werfe sie auf den Boden und versuche so, sie festzuhalten und zu beruhigen. Keine Chance, sie entgleitet mir immer wieder. Mir läuft der Schweiß über mein Gesicht. Ich brauche dringend eine Pause. Die wird sie mir aber nicht geben. Ich sage ihr das sich hier niemand umbringen wird. Nicht, wenn ich das verhindern kann. Sie fängt an, um sich zu schlagen und ich muss alles geben, damit ich keine Treffer abbekomme. Aber sie landet welche in meinem Gesicht. Das tut weh. „Autsch“, schreie ich auf. Und noch einer. Sie kann sich wieder befreien und aufstehen und will wieder loslaufen. Aber nicht ohne mich und halte sie wieder fest. Ich erwische ihre Beine. Sie stürzt zu Boden und ich schmeisse mich auf sie. So, sage ich, „hör jetzt endlich auf mit dem Scheiss und beruhige dich“. „Nein, hau ab, lass mich in Ruhe“ erwidert sie und „das geht dich einen Scheissdreck an“. Sie will mich wieder schlagen. Dieses mal kann ich es aber verhindern. Ich sehe Leute hochkommen und schreie so laut ich kann, das sie Hilfe holen sollen, Polizei am besten. Einer greift zum Handy. Und gibt mir ein Zeichen. Puh, denke ich, dann ist es hoffentlich bald soweit. Ich bin fertig. Sitze jetzt auf ihr drauf. Und halte ihre Arme fest. Sie wehrt sich, zappelt rum. Ich höre einen Hubschrauber über uns. Die wollen wohl gucken, was hier passiert. Ich bin abgelenkt. Sie nutzt das aus, schmeisst mich runter und rappelt sich auf. Beide stehen wir so schnell wie möglich auf. Laufen zur Brüstung, wo sie wieder rüber will. Ich kann sie knapp dran hindern. Ganz knapp. Sie zieht und zerrt an mir. Aber ich mobilisiere alle meine Kräfte um sie am springen zu hindern. Ich muss aufpassen, das sie mich nicht mit runterzieht. Dann wäre es für uns beide vorbei. „Niemals“ schreie ich jetzt. Und zerre sie mit aller Kraft zurück. Irgendwie und in der Ferne höre ich Sirenen. Ist jetzt alles vorbei? Ich kann nicht mehr. Ich darf mich nicht ablenken lassen. Es fällt mir immer schwerer sie festzuhalten. Aber ich darf nicht nachlassen. Sonst war alles umsonst. Was machen die so lange? Wo bleiben die?? „Hilfe“ schreie ich jetzt ganz laut. Ich kann sie kaum noch halten, so zerrt sie. Anscheinend will sie unbedingt springen. Und ich will es unbedingt verhindern. Und ziehe sie wieder ein Stück zurück. Aber sie wehrt sich immer mehr. Ich will einfach nicht aufgeben. Ich schaffe es jetzt sie ganz weg zu bekommen. Stelle ich mich vor die Brüstung und schubse sie immer wieder nach hinten. Mit aller Kraft. Ich lasse sie nicht an mir vorbei. Ich habe aber nicht mehr viel Kraft. Mir wird schwummrig im Gesicht. Aber ich muss einfach weitermachen. Ich muss, ich muss. Jetzt sehe ich da hinten tatsächlich Polizei. Gott sei Dank, endlich!!!! Ich schubse das Mädchen noch mal weg von mir und lasse mich fallen und bleibe liegen. Aus den Augenwinkeln sehe ich noch, wie Polizisten auf das Mädchen zu laufen, sie festhalten. Mir schwinden die Lichter und ich werde bewusstlos.




Ich wache langsam auf. Ich weiß nicht wo ich mich befinde. Lebe ich noch?

Ich versuche auf mich aufmerksam zu machen, kriege aber keinen Laut heraus. Mir fallen die Augen wieder zu. Irgendwann später wache ich auf. Krächze „Hallo“ aber niemand kommt. Niemand zu sehen. Wo bin ich bloss? Ich versuche mich umzugucken. Sieht für mich nach einem Krankenzimmer aus. An meinem Arm hängen Kanüle. Gab es nicht irgendwo Knöpfe zum Drücken?? Komm ich da ran? Will irgendwie nich klappen. Aber ich höre was. Schritte vor meiner Tür. Aber nichts passiert, sie verhallen wieder. Stille. Minuten, Stunden, ich weiß nicht wie viele, vergehen, bis die Tür endlich aufgeht. Eine Schwester kommt rein, guckt ob ich schon wach bin. Sie kommt an mein Bett, beugt sich zu mir, ich nicke ihr zu. Sie fragt mich, wie es mir geht und Ich frage sie erst mal wo ich bin und wie ich her gekommen bin. Im Krankenhaus St. Georg. Sie wurden bewußtlos, als die Polizisten einschritten, bekomme ich zu hören. Die würden gerne von ihnen hören, was da oben passiert ist. „Bitte nicht“, flüstere ich heraus. Nicht jetzt. Im Moment weiß ich gar nichts, nicht mal welchen Tag wir haben, welche Uhrzeit, mittags, abends usw. Sagen sie ihnen, sie sollen später kommen, wenn das geht. Ich kann jetzt nicht reden. Nur schlafen. Die Schwester geht wieder raus. Und macht vorher das Licht aus und die Vorhänge zu. Danke sage ich und schließe die Augen.

Minuten oder Stunden später wache ich wieder auf. Ich schaue mich wieder um. Hm, immer noch im Krankenzimmer, denke ich. Immer noch irgendwelche Schläuche an meinen Händen und Armen. Ausser mir ist ist niemand im Zimmer. Ich bin ganz allein. Ich höre auch keine Stimmen. Ich versuche wieder die Klingel zu drücken. Dieses mal schaffe ich es. Kurze Zeit darauf höre ich Schritte, jemand öffnet die Tür und kommt herein. Hallo, begrüßt mich die Schwester. Es ist die Nachtschwester. Ich habe anscheinend lange geschlafen. Sie fragt mich, wie ich mich fühle. Wie gerädert, antworte ich ihr. Ich bitte sie um ein Glas Wasser. Sie stellt mir eine Flasche sowie ein Glas dazu hin. Sie erzählt, das morgen vormittag, Polizisten mich sprechen wollen. Danach dann die Ärzte, darüber wie es mit mir weitergeht. Dann verläßt sie wieder das Zimmer. Ich mache wieder die Augen zu. Aber dieses mal dauert es, bis ich wieder einschlafe.


Als ich wieder wach werde, bricht der Morgen an. Die Frühschicht kommt herein, reißt die Vorhänge auf. Autsch, schreie ich. „Licht aus“. Sie fummeln an meinen Kabeln rum, legen mir irgendwelche Tabletten hin. Ich hüte mich aber sie zu nehmen. Bin doch nicht verrückt! Ähm?? Doch, ich bin verrückt. Lasse sie trotzdem liegen. Ich höre es klappern. Frühstück ist in Sicht- und Hörweite. Ein Brötchen und ein Becher Milch dazu. Ich esse im Bett. Dann bin ich wieder alleine. Warten. Ich hasse das! Endlich! 2 Polizisten in Zivil kommen herein. Sie wollen von mir wissen, was passiert ist, warum ich so reagiert habe, wie ich reagiert habe usw. Der eine hört zu, der andere schreibt mit. Ich erzähle es ihnen so gut es geht. Sie verabschieden sich gleich wieder. Jetzt heißt es wieder warten, auf die Ärzte. Ich decke mich wieder zu. Die Tür geht auf und ein ganzes Heer von Ärzten und Schwestern kommt herein. Ich kann mal wieder meine vorlaute Klappe nicht halten und rufe so laut ich kann „wegen Überfüllung geschlossen.“ Alles lacht. Sie wollen wissen wie es mir geht. Sie möchten mich gerne in eine andere Klinik überweisen. In eine Geschlossene Abteilung. Ich soll bis heute nachmittag drüber nachdenken. Ich sage „ok das mache ich“. Dann verschwinden sie wieder. Puh, was mache ich bloß?? Ich mache wieder die Augen zu und versuche wieder zu schlafen. Gedanken wirbeln in meinem Kopf herum. Immer schneller und schneller. Ich schlafe wieder ein und werde durch Lärm geweckt. Mittag Essen. Ich will und kann aber nichts essen. Bin ganz durcheinander. Ich versuche weiter zu schlafen. Die Nachmittagsvisite weckt mich wieder. Die Ärzte, die mit mir reden wollen, sind da. Es geht wieder darum, wie es mit mir weitergeht. Und?, frage ich. Tja, Frau Boisen. Körperlich ist alles in Ordnung bei Ihnen. Aber wie sieht es in Ihnen aus? Nicht so gut, sage ich. Überhaupt nicht gut. Das dachte ich mir, erwidert der Oberarzt. Wenn Sie zustimmen, würden wir Sie gerne in eine entsprechende Klinik überweisen. Keine Tagesklinik sondern Station. Es könnte morgen losgehen, wenn Sie möchte. Ok, sage ich ohne lange zu überlegen. Gut, dann machen wir alles fertig. Sie bekommen Bescheid, wann es los geht. Nachdem sie das Zimmer verlassen haben, decke ich mich wieder fest zu. Fühle mich immer noch kaputt und müde. Will nur noch schlafen, schlafen und schlafen.

Am nächsten Vormittag kommen die Pfleger um mich ab zu holen. Ich werde in eine Psychatrische Klinik gebracht. Hier soll ich die nächsten 8 Wochen bleiben. Was erwartet mich?



So hatte ich mir meinen Tag in Hamburg eigentlich nicht vorgestellt.






Donnerstag, 24. Juli 2025

Ein Besuch

Es regnet seit Stunden. Ein Zug fährt in den Bahnhof. Mit 10 Minuten Verspätung. Eine attraktive Frau steigt aus. Sie geht durch den Bahnhof. Als sie auf die Straße tritt, scheint die Sonne. Ihre Jacke trägt sie über ihren Arm. Ihr Weg führt sie in Richtung Altstadt. Diesen Weg ist sie schon oft gegangen. An Löwen vorbei, die am Eingang eines Parks liegen. Wie so oft sitzen Kinder auf ihnen. Auch sie sass als Kind drauf. 2 Fotos hatten ihre Eltern damals gemacht. Sie geht weiter, über eine Brücke. Sie biegt ab und geht den Fluss entlang bis sie eine freie Bank entdeckt. Schnell nimmt sie Platz, bevor andere es ihr gleich tun. An diesem Fluss sitzt sie oft, wenn sie in dieser ihrer Stadt zu Besuch ist. Aus ihrer Tasche holt sie eine Flasche, öffnet sie und trinkt einen Schluck. Wie so oft kann sie hier runter kommen und entspannen vom Stress der Woche. Die Sonne scheint ihr direkt ins Gesicht. Aus ihrer Tasche holt sie ihre Sonnenbrille. Es dauert einen Augenblick, bis sie sie gefunden hat. Nach einer Weile steht sie auf und geht. Richtung Marktplatz und weiter zum Museum. Dort wurde vor ein paar Tagen eine Ausstellung zum Thema Demokratie eröffnet. Passend zum 150. Geburtstag von Thomas Mann. Langsam geht sie durch die Gänge und schaut sich alles in Ruhe an. Man konnte an einer Wahl teilnehmen. Wenn Bundestagswahl wäre. 2 haben für die afd gestimmt. Ekelhaft. Am liebsten hätte sie die Bälle daraus genommen. Sie selber wählt die grünen. Da liegt ein Spiel. Ein Rundes. Lege jeweils einen Stein auf das Feld, das auf dich zutrifft.


Geschlecht 

Einkommen 

Sprache 

Nationalität 

Usw.


Sie erledigte es schnell und machte ein Foto von ihrem Ergebnis. Nachdem sie alles gesehen hat, verlässt sie das Museum. In einem nahegelegenen Café trinkt sie eine heisse Schokolade. Dabei schaut sie sich das Foto an und bemerkt, daß da noch ein Feld ist. Eine Bezeichnung steht drauf. Etwas das in ihrem Leben keine Rolle mehr spielt. Ein Lächeln kommt über ihr Gesicht. Sie ist stolz auf das, was sie geschafft hat. Niemals würde sie einen Stein auf dieses Feld legen oder ankreuzen...

Die Kellnerin kommt an ihrem Tisch. Sie zahlt und gibt ihr ein Trinkgeld. Sie verlässt das Café und macht sich auf den Weg zum Bahnhof. Währenddessen versucht sie sich zu erinnern, wann sie das letzte Mal belästigt wurde. Ist schon lange her. Da kommt der Park in Sichtweite. Sie überlegt kurz und geht rein. Sie findet eine Bank mit Blick auf einen See und setzt sich. Pause. Sie trinkt aus ihrer mitgebrachten Flasche. Sie öffnet wieder das Foto auf ihrem Handy und ....

Es ist nur ein Wort. Eins das auf sie nicht mehr zutrifft. Egal wo, die Menschen sind freundlich zu ihr, höflich und hilfsbereit. Was will sie mehr? Dieses Kapitel kann sie abschließen und ein neues beginnen. Mit diesem guten Gefühl geht sie zum Bahnhof und fährt nach Hause.

Die Rückkehr

Eine Geschichte, an der ich mich gerade erinnert habe. Anscheinend bisher unveröffentlicht. Gegenwart Seit vielen Jahren bin ich wieder zu H...